Die Macht der Übersetzung – Konzeptionelle Überlegungen zur Übersetzung als politische Praktik am Beispiel kulturgeographischer Forschung im arabischen Sprachraum S. Husseini Institut für Geographie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland now at: Institut für Geographie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland
Received: 26 Feb 2009 – Published in Soc. Geogr. Discuss.: 20 Mar 2009 Revised: 08 Oct 2009 – Accepted: 19 Oct 2009 – Published: 16 Nov 2009
Abstract. Übersetzen ist eine notwendige Praktik im Rahmen internationaler
Wissenschaft und ein wichtiges Hilfsmittel für die Forschung in
anderen sprachlichen Kontexten. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um
ein unproblematisches Unterfangen, das keiner Reflexion bedarf. Das
Anliegen, sich mit dem Thema auch in der Geographie zu beschäftigen,
resultiert hier zunächst aus konkreten Übersetzungsschwierigkeiten
eines kulturgeographischen Forschungsprojektes, das sich mit Texten in
arabischer Sprache befasst. In diesem Beitrag werden kurz die dort zutage
tretenden Herausforderungen an die Übersetzung skizziert und darauf
aufbauend konzeptionelle Überlegungen angestellt, mit denen sich diese
Probleme greifen lassen. Dabei werden verschiedene Ansätze der
Translation Studies zusammengeführt und für geographische
Fragestellungen fruchtbar gemacht. Ziel ist es, konzeptionelle
Herangehensweisen zur Untersuchung und Reflexion von
Übersetzungspraktiken aus geographischer Perspektive aufzuzeigen. Die
Idee des Übersetzens als bloße Übertragung von Bedeutung von
einer Sprache in die andere im Sinne eines Über-Setzens ohne Bedeutungsverlust
oder -verschiebung wird hier abgelehnt. Es wird verdeutlicht, dass es sich
vielmehr um ein Dazwischen-Setzen handelt, mit dem zwangsweise eine
Bedeutungsverschiebung einhergeht und das stets in spezifische
Machtverhältnisse verstrickt ist. Dass die Effekte solcher
Machtverhältnisse auf allen Ebenen des Übersetzungsprozesses wirken
und letztendlich zur Formung kultureller Identitäten und
kulturräumlicher Ordnungsvorstellungen beitragen, wird anhand von
Beispielen veranschaulicht und problematisiert. Im Anschluss daran werden
die Konsequenzen für die Umsetzung ausgelotet. Damit versteht sich der
Beitrag nicht nur als Plädoyer für mehr Reflexion von
Übersetzungspraktiken in geographischer Forschung, sondern auch
dafür, in der Geographie Übersetzung selbst zum Forschungsgegenstand
zu machen.
Citation: Husseini, S.: Die Macht der Übersetzung – Konzeptionelle Überlegungen zur Übersetzung als politische Praktik am Beispiel kulturgeographischer Forschung im arabischen Sprachraum, Soc. Geogr., 4, 71-81, doi:10.5194/sg-4-71-2009, 2009.